Stammbäume und Verwandtschaft: Hypothesengeleitetes Arbeiten in der Sekundarstufe II
Vortragender: Prof. Dr. Sven Gemballa
Institution:Uhlandgymnasium Tübingen
Datum:10. September 2025
Zeit:13:30 ‑ 15:00 Uhr
Plätze:noch 30 Plätze frei
Beitrags-Nr.WB 01

Die Deszendenztheorie (Abstammungstheorie) bildet die Verwandtschaft von Arten(gruppen) in Form von Stammbäumen ab. Sie liefert im Gegensatz zur Selektionstheorie kein Erklärungsmodell für Evolutionsprozesse, sondern setzt diese bereits voraus. Die unterrichtliche Anbindung der Deszendenztheorie kann daher nicht über ihren erklärenden Charakter für Evolutionsprozesse erfolgen. Eine bisher wenig genutzte Möglichkeit der Anbindung besteht in der konsequenten Verknüpfung der Deszendenztheorie mit dem Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung. Dabei wird das hypothesengeleitete Arbeiten mit Stammbäumen in den Mittelpunkt gerückt.

Während sich die Sekundarstufe I auf das korrekte Erfassen vorgegebener Stammbäume beschränken kann, werden in der Sekundarstufe II mit Blick auf die Anforderungen im Abitur (Kerncurriculum und länderübergreifende IQB-Bildungsstandards) konkurrierende Stammbaumhypothesen geprüft. Im Mittelpunkt steht dabei das hypothesengeleitete Vergleichen mit einem fachspezifischen Begriffsinventar (ursprünglich, abgeleitet, Außengruppe, Sparsamkeitsprinzip) als Erkenntnismethode der stammesgeschichtlichen Rekonstruktion. Diese Erkenntnismethode lässt sich gleichermaßen mit morphologischen Merkmalen und mit DNA-Sequenzen durchführen. Für beide Varianten werden Unterrichts- und Prüfungsmaterialien gesichtet. Für die letztere Variante wird eine computergestützte Rekonstruktion der Hominiden-Verwandtschaft auf der Basis von freeware (Mesquite) vorgestellt, die im Unterricht von Schülerinnen und Schülern selbst durchgeführt werden kann.